Mit Puppen zu spielen hat mich nie interessiert. Dafür verschlang ich Karl May Bücher und später Biographien nordamerikanischer Indianer und machte mit meinen jüngeren Schwestern den Bieler Wald unsicher. Leider gelang es mir nicht, die Weissen wieder aus Amerika zu vertreiben. Aber die Welt könnte man auch retten, indem man Theologie studiert. Meine Missionserfolge waren allerdings eher bescheiden, dafür entdeckte ich Teresa von Avila und mit ihr die Mystik. So fand ich beides auf einen Schlag, eine starke Frau, die sogar den Männerorden reformierte, und einen Zugang zur Spiritualität, der bis heute prägend ist.
Als Sprachbegeisterte lernte ich vor meinem Studium in Israel nicht nur Ivrit, sondern einen ausgewanderten deutschen Geschichtsstudenten kennen, der mir zu meinem besonderen Nachnamen verhalf, den ich beibehielt, auch als sich nach vielen Jahren die Wege trennten.
Ein erstes Pfarramt folgte in einer Thurgauer Kleinstadt, in der die erste Frau des Kantons Pfarrerin gewesen war. Auch ich leistete Pionierarbeit, war ich doch die erste Pfarrerin mit Schwangerschaftsurlaub im selbigen Kanton. Das hat mir einen feministischen Schub verpasst. Nach der Geburt des zweiten Kindes folgten meine Lehr- und Lernjahre als freischaffende Erwachsenenbildnerin. Ich verhalf anderen zur Selbstfindung mit Enneagrammkursen, entwickelte und leitete Kurse für Behördenmitglieder und übernahm schliesslich die Leitung des St. Galler Theologiekurses. So viele Aha-Erlebnisse hatte ich selten, es ist ein Privileg, wenn man nach etlichen Jahren aus anderer Perspektive nochmals dasselbe lehren und gleichzeitig lernen kann. Das be-Geist-erte mich so sehr, dass ich sogar Kursunterlagen zum selbigen erstellte.
Meiner zweiten Leidenschaft, Menschen zu begleiten, konnte ich alsbald nachkommen, indem ich in der Spitalseelsorge landete, zuerst in einem kleinen Regionalspital, dann bei der grossen Schwester, dem Kantonsspital. Mittlerweile bin ich an einer Teilzeitstelle als Pfarrerin im Appenzeller Vorderland.
Nach existenziell fordernden Zeit mit eigener Krankheitserfahrung ist der Zeitpunkt da, an dem auch das hier geboren wurde und ich bereit bin, mein Wissen und meine Erfahrungen auf diese Weise mit andern zu teilen und Menschen zu begleiten, indem ich sie (wieder) in Kontakt bringe mit ihrer eigenen Kraft mittels Begleitungen, Ritualen oder Zeremonien.
Annette Spitzenberg
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9014 St. Gallen
WAGANA
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